Der Hund und das Schaf

Ein Hund brachte vor Gericht vor, er habe dem Schaf Brot geliehen; das Schaf leugnete alles, der Kläger aber berief sich auf drei Zeugen, die man vernehmen müßte, und brachte drei bei. Der erste dieser Zeugen, der Wolf, behauptete, er wisse gewiß, daß der Hund dem Schaf Brot geliehen habe; der zweite, der Habicht, sagte, er sei dabeigewesen; der dritte, der Geier, hieß das Schaf einen unverschämten Lügner. So verlor das Schaf den Prozeß, mußte alle Kosten tragen und zur Bezahlung des Hundes Wolle von seinem Rücken hergeben.
Wenn sich Kläger, Richter und Zeugen wider jemand vereinigt haben, so hilft die Unschuld nichts.

Der Hund und das Stück Fleisch

Ein großer Hund hatte einem kleinen, schwächlichen Hündchen ein dickes Stück Fleisch abgejagt. Er brauste mit seiner Beute davon. Als er über eine schmale Brücke lief, fiel zufällig sein Blick ins Wasser. Wie vom Blitz getroffen blieb er stehen, denn er sah unter sich einen Hund, der gierig seine Beute festhielt.
"Der kommt mir zur rechten Zeit", sagte der Hund auf der Brücke, "heute habe ich wirklich Glück. Sein Stück Fleisch scheint noch größer zu sein als meins."
Gefräßig stürzte sich der Hund kopfüber in den Bach und biß nach dem Hund, den er von der Brücke aus gesehen hatte. Das Wasser spritzte auf. Er ruderte wild im Bach umher und spähte hitzig nach allen Seiten. Aber er konnte den Hund mit dem Stück Fleisch nicht mehr entdecken, er war verschwunden.
Da fiel dem Hund sein soeben erbeutetes, eigenes Stück ein. Wo war es geblieben? Verwirrt tauchte er unter und suchte danach. Doch vergeblich, in seiner dummen Gier war ihm auch noch das Stück Fleisch verlorengegangen, das er schon sicher zwischen seinen Zähnen gehabt hatte.