Der Wolf und der Kranich
Ein Wolf hatte ein Schaf erbeutet und verschlang es so gierig, daß ihm
ein Knochen im Rachen steckenblieb.
In seiner Not setzte er demjenigen eine große Belohnung aus, der ihn von
dieser Beschwerde befreien würde.
Der Kranich kam als Helfer herbei; glücklich gelang ihm die Kur, und er
forderte nun die wohlverdiente Belohnung.
"Wie?" höhnte der Wolf, "du Unverschämter! Ist es dir
nicht Belohnung genug, daß du deinen Kopf aus dem Rachen eines Wolfes
wieder herausbrachtest? Gehe heim, und verdanke es meiner Milde, daß du
noch lebest!"
Hilf gern in der Not, erwarte aber keinen Dank von einem Bösewichte, sondern
sei zufrieden, wenn er dich nicht beschädigt.
Der Wolf und die Hirten
Einige Hirten schlachteten ein Schaf, verzehrten es in ihrer Hütte und
ließen es sich bei diesem Mahl wohl sein. Ein Wolf, der gerade aufs Rauben
ausging, sah neidisch zu und seufzte: "Ach! Welchen Lärm würde
es geben, wenn ich nur ein einziges Lämmchen raubte! Und diese Burschen
verzehren ein ganzes Schaf ungestraft!"
"Halt ein, Räuber", rief ein Hirt, der dies mit anhörte,
"wir verzehren nur unser Eigentum!"
Mißgönne andern ihr Eigentum nicht, weil du für dich danach
lüstern bist.