Die Hasen und die Frösche
Die Hasen klagten einst über ihre mißliche Lage; "wir leben",
sprach ein Redner, "in steter Furcht vor Menschen und Tieren, eine Beute
der Hunde, der Adler, ja fast aller Raubtiere! Unsere stete Angst ist ärger
als der Tod selbst. Auf, laßt uns ein für allemal sterben."
In einem nahen Teich wollten sie sich nun ersäufen; sie eilten ihm zu;
allein das außerordentliche Getöse und ihre wunderbare Gestalt erschreckte
eine Menge Frösche, die am Ufer saßen, so sehr, daß sie aufs
schnellste untertauchten.
" Halt", rief nun eben dieser Sprecher, "wir wollen das Ersäufen
noch ein wenig aufschieben, denn auch uns fürchten, wie ihr seht, einige
Tiere, welche also wohl noch unglücklicher sein müssen als wir."
Laß dich nie durch's Unglück niederschlagen; es gibt immer noch Unglücklichere,
mit deren Lage du nicht tauschen würdest.
Die Henne und die Schwalbe
Eine Henne fand durch Zufall Schlangeneier und legte sie mit dem größten
Entzücken und besonderer Sorgfalt in die gehörige Ordnung, um sie
auszubrüten. Schon stellte sie sich die Freude vor, welche sie an ihren
Küchlein haben würde, wenn sie anfingen zu gehen, wenn sie ihnen das
Futter aufscharrte und zeigte, wenn sie auf ihr Rufen herbeieilten und es picken
lernten, und wenn sie endlich groß, stark, schön und folgsam geworden
wären. Jedoch ihre Freude währte nicht lange; eine Schwalbe traf sie
über dieser Beschäftigung an und belehrte sie eines Bessern: "Du
Törin", sagte sie, "du würdest dir eine Brut erziehen, welche
dir die Mühe nur mit dem Tod lohnen würde!"
Erziehst du dir einen Raben,
Wird er dir zum Dank die Augen ausgraben.