Die Schwalbe und andere Vögel

Ein Vogel, weicher glaubte, daß er die Denk- und Handlungsweise der Menschen genau kenne, versammelte eines Tages eine Menge Vögel um sich und sprach zu ihnen: "Die Menschen säen den Hanf in keiner andern Absicht, als um Schlingen daraus zu machen und uns einzufangen. Daher ist es unsere Pflicht, diesen Samen beizeiten auszurotten."
Die Schwalbe, die auch zugegen war, entgegnete, daß sie es für weit besser halte, die Freundschaft der Menschen zu suchen.
Als ihr Rat keine Zustimmung fand, so verließ sie ihre Waldgenossen, flog in die Stadt und vertilgte die schädlichen Insekten.
Die Menschen sahen bald ihre Nützlichkeit ein und ließen sie ungestört ihr Nest an den Häusern bauen. Die anderen Vögel schadeten den Menschen, wo sie nur konnten, und wurden allerdings stark und oft fett dabei. Aber es reifte auch der Hanf und wurde zu Schlingen verarbeitet, mit denen täglich eine Menge Vögel gefangen wurde, welche mit den Menschen hätten in Ruhe und Freundschaft leben können.
Besser wenigeres in Frieden und nützlicher Tätigkeit, als vielleicht ein Wohlleben, aber mit Gefahr und auf unrechtem Weg.

Die weiße Dohle

Eine Dohle sah öfters zu, wie reichlich die Tauben auf einem Bauernhof gefuttert wurden. "Sie bekommen das Futter hingestreut", dachte sie neidisch, "während ich es mühsam suchen muß. Ich will lieber eine Taube werden!"
Was tat sie nun? Sie bemalte sich weiß vom Kopf bis zum Fuß, glättete ihr Gefieder und mischte sich unter den Taubenschwarm. Vergnügt pickte sie die Körner auf. Die Tauben ließen sie ruhig gewähren, denn keine vermutete, daß dies ein fremder Vogel sei. So ging das einige Tage - bis die Dohle so unklug war, ihren Schnabel aufzutun und ihr Gekrächze hören zu lassen.
"Eine Dohle, eine verkleidete Dohle!" schrien die Tauben wütend, stürzten auf sie zu und hätten sie unbarmherzig totgebissen, wenn es ihr nicht gelungen wäre zu entfliehen.
Reumütig kehrte die Dohle zu ihrer Sippe zurück. Jedoch die andern Dohlen erkannten sie nicht mehr in ihrem weißen Kleide. Bösartig hackten sie auf den fremden Vogel los. Sie duldeten nicht, daß er unter ihnen lebte.
So wurde die weiße Dohle heimatlos und hatte es noch viel schwerer, sich ihre Nahrung zu suchen.