Der Esel, der Rabe und der Hirt

Auf einer Wiese weidete ein Esel, der sich den Rücken wund geschunden hatte. Dies sah ein Rabe, flog auf den Esel zu, setzte sich auf dessen Rücken und fing an, mit dem Schnabel in das rohe Fleisch zu picken.
Dies schmerzte den Esel sehr, und obgleich er sich bemühte, den lästigen Gast los zu werden, gelang es ihm nicht.
Wenige Schritte davon lag sein Hüter, der mit einem Worte den Raben hätte vertreiben können. Der aber ergötzte sich an den tollen und possierlichen Sprüngen und Gesichtern, welche der Esel von Schmerz getrieben machte, und lachte laut dazu.
"Oh!" rief der Esel aus, "jetzt fühle ich wirklich meine Schmerzen doppelt, weil mich auch der verlacht, der mir helfen könnte und sollte."
Statt Hilfe Hohn zum Schaden schmerzt doppelt.

Der Frosch, die Ratte und die Weihe

Ein Frosch stritt mit einer Ratte um einen Sumpf. Der Frosch behauptete, daß er ihn mit dem größten Rechte besitze; die Ratte hingegen, daß er ihr gehöre und daß der Frosch ihr denselben abtreten müsse. Dieser wollte aber nichts davon hören, und so gerieten sie bei diesem Streite hart aneinander.
Wieviel besser hätten sie getan, wenn sie sich verglichen hätten; denn in der Hitze des Streites hatten sie nicht auf die Weihe geachtet, welche in der Ferne gelauert hatte, nun über die Kämpfer herfiel und beide zerriß.
Wenn sich zwei Schwache zanken, so endigt oft ein dritter, Mächtigerer zu seinem Vorteil den Streit.