Der Fuchs und der Esel
Ein Esel warf einmal eine Löwenhaut um sich her, lustwandelte mit stolzen
Schritten im Wald und schrie sein 'Ia Ia' aus allen Kräften, um die andern
Tiere in Schrecken zu setzen. Alle erschraken, nur der Fuchs nicht. Dieser trat
keck vor ihn hin und höhnte ihn: "Mein Lieber, auch ich würde
vor dir erschrecken, wenn ich dich nicht an deinem 'Ia' erkannt hätte.
Ein Esel bist und bleibst du!"
Mancher Einfältige in prächtigem Gewande gälte mehr, wenn er
schwiege, denn: Mit Schweigen sich niemand verrät.
Der Fuchs und der Storch
Ein Fuchs hatte einen Storch zu Gaste gebeten, und setzte die leckersten Speisen
vor, aber nur auf ganz flachen Schüsseln, aus denen der Storch mit seinem
langen Schnabel nichts fressen konnte. Gierig fraß der Fuchs alles allein,
obgleich er den Storch unaufhörlich bat, es sieh doch schmecken zu lassen.
Der Storch fand sich betrogen, blieb aber heiter, lobte außerordentlich
die Bewirtung und bat seinen Freund auf den andem Tag zu Gaste. Der Fuchs mochte
wohl ahnen, daß der Storch sich rächen wollte, und wies die Einladung
ab. Der Storch ließ aber nicht nach, ihn zu bitten, und der Fuchs willigte
endlich ein.
Als er nun anderen Tages zum Storche kam, fand er alle möglichen Leckerbissen
aufgetischt, aber nur in langhalsigen Geschirren. "Folge meinem Beispiele",
rief ihm der Storch zu, "tue, als wenn du zu Hause wärest." Und
er schlürfte mit seinem Schnabel ebenfalls alles allein, während der
Fuchs zu seinem größten Ärger nur das Äußere der
Geschirre belecken konnte und nur das Riechen hatte.
Hungrig stand er vom Tische auf und gestand zu, daß ihn der Storch für
seinen Mutwillen hinlänglich gestraft habe.
Was du nicht willst, daß man dir tu',
Das füg' auch keinem anderen zu.