Friedrich Gottlieb Klopstock

*2. Juli 1724 Quedlinburg
+14. März 1803 Hamburg begraben: Hamburg-Ottensen
Ältestes von 17 Kindern des wohlhabenden Stiftsadvokaten und fürstlich-mansfeldischen Kommissionsrats Gottlieb Heinrich Klopstock (1698-1756) und seiner Frau Anna Maria, geb. Schmidt (1703-1773). Streng pietistische Erziehung.
1754 Heirat mit Meta Moller (1728-1758; Kaufmannstochter)
1791 Heirat mit Johanna Elisabeth von Winthem, gen. "Windeme" (Witwe; Nichte der ersten Frau)
Erster bürgerlicher Berufsautor, materiell unabhängig. Neuer Dichtertyp des poeta vates: Dichtung als "heiliger Beruf", Dichter als "Seher, Priester, Diener der Gottheit", erfüllt von einem religiösen Sendungsauftrag. Hölderlin, Novalis, Rilke, George, R. A. Schröder stehen in ihrem dichterischen Sendungsbewusstsein in Klopstocks Nachfolge. Literatur soll nicht mehr nur belehren und unterhalten, sondern erheben und erschüttern: Allein die Sprache des hohen Stils kann das Erhabene fassen.
Lebenswerk ist das Versepos Der Messias, inspiriert von Miltons Paradise Lost (Leiden, Sterben und Auferstehung Christi. 20 Gesänge, mehr als 20 000 Verse), von den Zeitgenossen hoch geschätzt und neben die Homerischen Epen gestellt; seit 1800 kaum noch gelesen; vernichtende Kritik Tiecks ("die Leere selbst").
Intensive literarische Wirkung der freirhythmischen, reimlosen Oden ("erhabene" Themen: Natur, Liebe, Freundschaft, Vaterland, Gott): Der Vater unserer Literatur ist Klopstock. Er hat zuerst den Funken der Begeisterung in die träge und pedantische Masse geworfen (Grillparzer, 1851). Ohne die Sprach- und Gefühlsgewalt seiner Lyrik sind die Gedichte des jungen Goethe nicht denkbar; Einflüsse auf die Lyrik Hölderlins, Georges, Rilkes, Holz´, Bobrowskis. K. meistert als erster in der deutschen Literatur die antiken Versmaße (Hexameter) und erweitert die Ausdrucksmöglichkeiten der deutschen Sprache (Musikalität, Neuprägungen, Brechung des alternierenden Reimverses). Die Oden haben, was sich für uns bis heute mit der Erscheinung der Dichtung Klopstocks verbindet: Zustand seelischer Dauer-Erregung, spirituelle Sinnlichkeit, Bild- und Blicklosigkeit für Landschaft und Menschen, die vollkommene Künstlichkeit der Sprache (Karl Krolow, 1974).
Daneben wenig bühnenwirksame Dramen (Stoffe aus der Bibel, frühgermanischer Hermann-Stoff).
Auszeichnung:
1792 Ehrenbürger der französischen Republik als Freund der Menschheit und der Gesellschaft
wichtige Lebensdaten:
1732 Übersiedlung auf das Gut Friedeburg an der Saale, das der Vater gepachtet hat; Unterricht bei Hauslehrern
1736 Familie kehrt nach dem Scheitern des Versuches, eine selbständige wirtschaftliche Existenz aufzubauen, nach Quedlinburg zurück. Gymnasium in Quedlinburg
1739-45 Aufnahme in die sächsische Fürstenschule Pforta (Umgangssprache Latein); gründliche humanistische Ausbildung; erste dichterische Versuche
1745 Immatrikulation an der Theologischen Fakultät der Universität Jena
1746 Fortsetzung des Theologiestudiums an der Universität Leipzig
1747 Freundschaftsbund mit dem Kreis der Bremer Beiträger (Cramer, Ebert, Gellert, Rabener, J. A. Schlegel)
1748 K. wird durch die Veröffentlichung der ersten drei Gesänge des Messias einem breiten Publikum bekannt. Hauslehrer in Langensalza; hoffnungslose Liebe zur Kusine Maria Sofia Schmidt ("Fanny" der Oden); Briefwechsel mit Bodmer; Bekanntschaft mit Hagedorn
1750 Rückkehr nach Quedlinburg. Beginn der Freundschaft mit Gleim. Juli: Reise nach Zürich zu Bodmer; kurze Freundschaft und Bruch (K. ist Bodmer zu lebenslustig). Aug.: Einladung durch König Friedrich V. von Dänemark; Gewährung einer Lebensrente von jährlich 400 Talern (später auf 800 erhöht), damit er den Messias fertigstellen kann
1751 Feb.: Beilegung des Zwistes mit Bodmer; Abreise nach Dänemark über Hamburg, wo er eine glühende Verehrerin seiner Gedichte, die Dichterin Margareta (Meta) Moller kennen lernt ("Cidli" der Oden)
1752 Verlobung mit Meta Moller; bis 1770 Wohnsitz in Kopenhagen
1754 Heirat in Hamburg
1756 Tod des Vaters
1758 Tod der Gattin bei einer Totgeburt
1759 K. gibt die Hinterlassenen Werke seiner verstorbenen Frau heraus
1762 Aufenthalt in Deutschland
1763 Titel eines dänischen Legationsrats
1764 Rückkehr nach Dänemark; Bildung eines neuen Freundeskreises (H. W. Gerstenberg, Cramer, die Grafen Stolberg u.a.); Freundschaft mit Gluck
1768 K. übermittelt dem Kaiser Joseph II. den Plan einer deutschen Akademie der Künste und Wissenschaften
1770 Klopstocks Mäzen und Freund, der Minister Graf von Bernstorff, wird seines Amts enthoben und zieht nach Hamburg, wohin K. ihn begleitet. K. behält seinen Wohnsitz in Hamburg bis zu seinem Tode
1773 Tod der Mutter
1774 Sept.: Reise nach Karlsruhe auf Einladung des Markgrafen Karl Friedrich von Baden. Titel eines Hofrats, lebenslange Pension. Auf dem Weg nach Karlsruhe Stationen in Göttingen (Mitglieder des Hainbundes) und Frankfurt (Goethe)
1775 Intrigen am Hof zu Karlsruhe; Rückkehr nach Hamburg. Reger Kontakt zu Matthias Claudius, Voß, Gerstenberg und den Grafen zu Stolberg-Stolberg)
1776 Übersiedlung in das Haus von Johanna Elisabeth von Winthem, der Nichte seiner verstorbenen Frau; Bruch mit Goethe
1789 begeisterte Zustimmung zur Französischen Revolution
1791 zweite Heirat
1792 tiefe Enttäuschung über die Hinrichtung Ludwigs XVI. und die zunehmende Radikalisierung der Französischen Revolution; Widerruf seiner Zustimmung (Ode Mein Irrtum, 1793)
Werke: (e = entstanden; a = Uraufführung)
Versepos
1748 (Buchausg. 1749) Der Messias. Ein Heldengedicht (Gesänge 1-3)
1750 Der Messias (1. Bd., 1.-5. Gesang)
1755 Der Messias (2 Bde., 1.-10. Gesang)
1764 Fragmente aus dem zwanzigsten Gesang des Messias. Als Manuscript für Freunde
1768 Der Messias (3. Bd., 11.-15. Gesang)
1773 Der Messias (4. Bd., 16.-20. Gesang)
Gedichte
1750 Oden von Klopstock (Privatdruck; u.a. Der Zürchersee)
1751 An Gott (1748 e) Friedrich V. (1750 e)
1758 Geistliche Lieder (2 Bde.)
1771 Klopstocks Oden und Elegien (nicht autorisiert)
Oden (1. authentische Ausg.: u.a. Dem Erlöser, 1751 e, An Sie, 1752 e, Die Frühlingsfeier, 1759 e, Der Eislauf, 1764 e, Die Sommernacht, 1766 e, Mein Vaterland, 1768 e)
1775 (1753 e) Cidli (= Das Rosenband)
1776 Oden und Lieder beym Clavier zu Singen (Vertonung: Gluck)
1798 (1782 e) Die Sprache
Dramen
1757 Der Tod des Adams, ein Trauerspiel
1764 Salomo, ein Trauerspiel
1769 Hermanns Schlacht. Ein Bardiet für die Schaubühne
1772 David, ein Trauerspiel
1784 Hermann und die Fürsten. Ein Bardiet für die Schaubühne
1787 Hermanns Tod. Ein Bardiet für die Schaubühne
Schriften
1755 Von der heiligen Poesie
Von der Nachahmung des griechischen Sylbenmaßes
1774 Die deutsche Gelehrtenrepublik (programmatisch-utopische Reformschrift)
1778 Ueber di deütsche Rechtschreibung (Vorschlag zu einer radikalen Reform der Orthographie)
1779-80 Ueber Sprâche und Dichtkunst. Fragmente fon Klopstock (3 Bde.)
1794 Grammatische Gespräche
Ausgaben
1798-1817 Werke, Leipzig (12 Bde.; Ausgabe letzter Hand)
1823-1830 Sämmtliche Werke, Leipzig (18+1 Bde.)
1879 Werke, hg. v. Robert Boxberger, Berlin (3 Bde.)
1884 Werke, hg. v. Richard Hamel, Berlin/Stuttgart (4 Teile)
1974ff. Werke und Briefe, begr. v. Adolf Beck u.a., hg. v. Elisabeth Höpker-Herberg u.a., Berlin/New York (= Hamburger Ausgabe)