Friedrich Schiller
eigentl. Johann Christoph Friedrich Schiller

* 10. November 1759 Marbach a. Neckar
+ 9. Mai 1805 Weimar (chronische Lungen- und Bauchfellentzündung)
bestattet: Weimar, Kassengewölbe auf dem Jakobskirchhof; 1826 Exhumierung des Schädels und der übrigen Gebeine; 1827 Überführung in die Fürstengruft auf dem "Neuen Friedhof" vor dem Frauentor
Zweites Kind des Wundarztes, späteren Werbeoffiziers Johann Caspar Schiller (1723-1796) und seiner Frau, der Wirtstochter Elisabetha Dorothea Schiller, geb. Kodweiss (1732-1802). Fünf Schwestern: Lieblingsschwester Christophine (1757-1847), Luise Dorothea Katharina (1766-1836), Maria Charlotte (1768-1774), Beate Friederike (*+1773), Caroline Christiane ("Nanette", 1777-1796).
Aus bescheidenen Verhältnissen; von den pietistischen Eltern dazu bestimmt, in den württembergischen Kirchendienst einzutreten, muss der 13-jährige auf Befehl des württembergischen Herzogs Carl Eugen durch den Eintritt in die Militärakademie auf der Solitude diesen Lebensplan ändern. Die ersten Werke entstehen in der Auflehnung gegen das strenge Regiment an der herzoglichen "Pflanzschule".
1790 Heirat mit Charlotte von Lengefeld (1766-1826); Kinder: Karl Ludwig Friedrich (1793-1857), Ernst Friedrich Wilhelm (1796-1841), Karoline Luise Friederike (1799-1850), Emilie Henriette Luise (1804-1872)
Dramatiker, Lyriker, Erzähler, Historiker, Philosoph, Journalist, Redakteur, Übersetzer, Herausgeber. Zusammen mit Goethe Inbegriff der Weimarer Klassik.
In den frühen Sturm und Drang-Dramen Anklage gegen entleerte Konventionen einer entarteten und unmenschlichen Adelsschicht; Sch. stellt neben die intrigante Welt der Politik einen neuen Idealismus des Gefühls (Kabale und Liebe).
Dualistisches Welt- und Menschenbild (moralische Selbstbestimmung einerseits und Versklavung durch die Sinnenwelt andererseits). Zeitlebens pädagogischer Impuls: Kunst hat ihre vornehmste Aufgabe in der Förderung der Humanität, im Bekenntnis zur Freiheit des Menschen und im Bemühen um Verwirklichung der Ideale; Humanität ist nicht Besitz, sondern Ziel eines immerwährenden Bemühens.
Schon im 19. Jh. überschwenglich gefeiert und maßlos getadelt (Nietzsche: "Moraltrompeter von Säckingen"). Verwirrende Fülle der oft sich widersprechenden Deutungen der Person und des Werks: "letzter Edelmann" (Goethe), Plebejer und Volkstribun; Kantianer; Denker, dessen Dialektik bereits auf Hegel vorausdeutet; Repräsentant des "Gültigen"; revolutionärer Schriftsteller; idealistischer Klassiker; Vorromantiker; Aufklärer; Vorläufer eines humanistischen Sozialismus: "Das Große und Vielfältige seiner Person entzieht sich den vereinfachenden Formeln" (Koopmann).
Ausstrahlung weit über Deutschland hinaus (einer der größten Verehrer: Dostojewski).
wichtige Lebensdaten:
1764-66 Elementarunterricht bei Pfarrer Moser in Lorch
1766 Übersiedlung der Familie nach Ludwigsburg
1767 Lateinschule in Ludwigsburg; Sch. soll später Geistlicher werden
1773 Auf Geheiß des Herzogs Carl Eugen von Württemberg Eintritt in die "Militär-Pflanzschule" (der späteren Hohen Karlsschule) auf der Solitude bei Stuttgart (1770 für Kinder unbemittelter Eltern gegründet); innere Auflehnung gegen den militärischen Zwang; heimliche Lektüre der Sturm-und-Drang-Dramatik, Lessings, Klopstocks
1774 Entschluss zum Jurastudiums
1775 Verlegung der Militärakademie nach Stuttgart; Abbruch des Jurastudiums; stattdessen Medizinstudium
1776 Lektüre Shakespeares, Rousseaus, Youngs, Ossians
1779 Ablehnung der Dissertation (Philosophia Physiologiae)
1780 Die 2. Dissertation (Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen) wird angenommen und gedruckt. Entlassung aus der Hohen Karlsschule; Regimentsmedikus in Stuttgart
1781 Die Räuber erscheinen anonym und mit fingiertem Druckort
1782 Sch. reist ohne Erlaubnis mit seinem Freund Petersen zur Uraufführung der Räuber nach Mannheim (13.1.); wird nach einer zweiten Reise (25.5.) vom Herzog mit 14 Tagen Arrest bestraft; Verbot des "Komödienschreibens". Am 22.9. zusammen mit Andreas Streicher Flucht nach Mannheim. Weiterreise über Darmstadt, Frankfurt, Mainz, Worms nach Oggersheim (Gasthof). 31.10.: Sch. wird aus der Regimenstliste gestrichen; 30.11.: Auf Einladung seiner Gönnerin Henriette von Wolzogen Reise auf ihr Gut in Bauerbach (Thüringen); lebt dort als "Dr. Ritter"; einziger näherer Umgang der Meininger Bibliothekar Reinwald; vergebliche Werbung um Charlotte, die Tochter des Hauses
1783 Abreise aus Bauerbach nach vergeblicher Werbung um Charlotte, die Tochter des Hauses v. Wolzogen; Engagement als Theaterdichter in Mannheim
1784 Bekanntschaft mit Charlotte von Kalb; Vertrag als Theaterdichter läuft aus
1785 Zeitschrift Rheinische Thalia (späterer Titel Thalia, 1792 Neue Thalia); April: Übersiedlung nach Gohlis bei Leipzig; September: Dresden; Freundschaft mit Christian Gottfried Körner
1786 historische Studien
1787 Aufenthalt in Weimar; Verkehr mit Charlotte von Kalb, Wieland, Herder; November: Besuch in Meiningen bei Henriette von Wolzogen und seiner Schwester Christophine, verheiratet mit Reinwald. In Rudolstadt Aufenthalt bei der Familie von Lengefeld
1788 Februar: Beginn des Briefwechsels mit Charlotte von Lengefeld; ab Mai in Volkstedt bei Rudolstadt; häufige Besuche bei der Familie von Lengefeld; Aug.: Umzug nach Rudolstadt; 7. September: in Rudolstadt erste Begegnung mit Goethe; Nov.: Rückkehr nach Weimar
1789 Jan.: Ernennung zum Professor in Jena (auf Goethes Vorschlag; unbesoldet); Mai: Übersiedlung nach Jena; Antrittsvorlesung am 26.5.; Aug.: Charlotte von Lengefeld gibt schriftlich ihr Ja-Wort; Begegnung mit Wilhelm von Humboldt
1790 Jan.: Jahresgehalt von 200 Talern, Titel "Hofrat"; 22.2.: Heirat in Wenigenjena; Okt.: Begegnung mit Novalis; 31.10.: Besuch Goethes, Gespräch über Kants Philosophie
1791 Jan.: schwere Erkrankung in Erfurt; Beurlaubung; Kant-Studium; Mai: erneute Erkrankung, Gerüchte um Schillers Tod; Juli-August: Kur in Karlsbad; Gewährung einer dreijährigen Pension von jährlich 1000 Talern durch Erbprinz Friedrich Christian von Holstein-Augustenburg und Graf Ernst von Schimmelmann befreit Sch. aus finanziellen Sorgen
1792 Reise nach Leipzig und Dresden (Körner); Bekanntschaft mit Friedrich Schlegel; Verleihung des französischen Bürgerrechts durch die französische Nationalversammlung
1793 Aug.: Besuch bei den Eltern; Heilbronn, Ludwigsburg; Sept.: Begegnung mit Hölderlin
1794 Stuttgart, Tübingen (Cotta); Bekanntschaft mit Fichte; Mai: Rückreise nach Jena; Vorbereitung der Horen; 20. Juli: Gespräch mit Goethe über die Urpflanze auf der Tagung der Naturforschenden Gesellschaft in Jena: Beginn der Freundschaft; Sept.: Einladung durch Goethe nach Weimar
1795 Jan.: Die erste Nummer der Horen erscheint; Feb.: Ablehnung eines Rufs an die Universität Tübingen; April: Goethe in Jena; Juni: Bruch mit Fichte; Dezember: Herausgabe des Musenalmanachs (erscheint bis 1800)
1796 Goethe (Arbeit an den Xenien), Schelling, Jean Paul, Wilhelm v. Humboldt bei Schiller; Sept.: Tod des Vaters
1797 Mai: Einzug in das neugekaufte Gartenhaus in Jena
1799 Sept.: Erhöhung des Gehalts auf 400 Taler; Dez.: Umzug nach Weimar (Windischengasse)
1800 Feb.: Nervenfieber
1802 Entschluss zum dauernden Aufenthalt in Weimar; April: Bezug des Hauses an der Esplanade; Tod der Mutter; Sept.: vom Kaiser geadelt; Nov.: Adelsdiplom
1803 Dez.: Tod Herders; von Dez.-Febr.1804 Mme. von Stael in Weimar
1804 April-Mai: Reise nach Berlin, Audienz bei Königin Luise; Juni: Erhöhung des Gehalts auf 800 Taler
1805 8. Feb.: Erkrankung; 29. April: letzte Begegnung mit Goethe; 1. Mai: erneute Erkrankung; 5. Mai: akute Lungenentzündung
Werke: (e = entstanden; a = Uraufführung in)
Dramen
1781 (ab 1777 e; 1782 a Mannheim) Die Räuber. Ein Schauspiel (1782 Die Räuber. Ein Schauspiel von fünf Akten... Zwote verbesserte Auflage; Die Räuber. Ein Trauerspiel... Neue für die Mannheimer Bühne verbesserte Auflage)
1783 (1782 e; 1783 a Bonn) Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Ein republikanisches Trauerspiel
1784 (1782 e; 1784 a Mannheim) Kabale und Liebe. Ein bürgerliches Trauerspiel in fünf Aufzügen
1787 (ab 1783 e; 1787 a Hamburg; 1801 überarb., gek. Fassung; 1802 a Weimar) Dom Karlos, Infant von Spanien (1785 1. Akt; 1786-87 II-III,9: Thalia-Fassung)
1790 (ab 1786 e) Der versöhnte Menschenfeind. Einige Szenen (Frgm.)
1862 (1787 e) Körners Vormittag (u.d.T. Ich habe mich rasieren lassen)
1800 (1796-99 e) Wallenstein. Ein dramatisches Gedicht
(1798 a Weimar) Wallensteins Lager
(1799 a Weimar) Die Piccolomini
(1799 a Weimar) Wallensteins Tod (u.d.T. Wallenstein)

1801 (1799-1800 e; 1800 a Weimar) Maria Stuart. Ein Trauerspiel in fünf Akten
1801 (1800-01 e; 1801 a Leipzig) Die Jungfrau von Orleans. Eine romantische Tragödie in fünf Aufzügen
1803 (1802-03 e; 1803 a Weimar) Die Braut von Messina oder Die feindlichen Brüder. Ein Trauerspiel mit Chören
1804 (1803-04 e; 1804 a Weimar) Wilhelm Tell
1805 (1804 a Weimar) Die Huldigung der Künste. Ein lyrisches Spiel
1815 (ab 1804 e) Demetrius (Frgm.)
Gedichte
1786 Resignation (1784 e), An die Freude (1785 e)
1788 Der Kampf (1782 e), Die Götter Griechenlands
1789 Die Künstler
1795 Die Ideale, Der Abend, Würde der Frauen, Das Ideal und das Leben, Der Genius (u.d.T. Natur und Schule), Das verschleierte Bildnis zu Sais, Der Spaziergang
1796 (ab 1795 e) Xenien (413 Epigramme im Musen-Almanach für das Jahr 1797; zus. m. Goethe)
1796 (ab 1795 e) Tabulae votivae (103 Epigramme; im Musen-Almanach für das Jahr 1797; zus. m. Goethe)
1797 Der Taucher, Der Handschuh, Der Ring des Polykrates, Ritter Toggenburg, Die Kraniche des Ibykus, Der Gang nach dem Eisenhammer, Reiterlied, Aus dem Wallenstein
1798 Das Glück, Der Kampf mit dem Drachen, Die Bürgschaft, Das eleusische Fest (u.d.T. Bürgerlied)
1799 Das Lied von der Glocke
1800 Nänie
1801 Das Mädchen von Orleans, Hero und Leander
1803 Der Graf von Habsburg
Gedichtsammlungen
1782 Anthologie auf das Jahr 1782
1800 / 1803 Gedichte (2 Bde.)
Erzählungen
1782 Eine großmütige Handlung aus der neuesten Geschichte
1786 Der Verbrecher aus verlorener Ehre (urspr. T. Der Verbrecher aus Infamie, eine wahre Geschichte)
1788 Herzog von Alba bei einem Frühstück auf dem Schlosse zu Rudolstadt
1789 Spiel des Schicksals
1786-89 (verb. Aufl.1792 u. 1798) Der Geisterseher (Frgm.)
Übersetzungen - Übertragungen
1780/92 aus Vergil: Aeneis: Der Sturm auf dem Tyrrhener Meer (1780); Die Zerstörung von Troja (1792), Dido (1792)
1785 aus Diderot: Jacques, der Fatalist: Merkwürdiges Beispiel einer weiblichen Rache
1789 (1788 e) Euripides: Iphigenie in Aulis; Die Phönizierinnen (Frgm.)
1801 (1800 e, a Weimar) Shakespeare: Macbeth
1801 (1802 a Weimar) Gozzi: Turandot, Prinzessin von China
1806 (1803 e; a Weimar) Picard: Der Parasit; Der Neffe als Onkel
1805 (a Weimar) Racine: Phädra
Historische Schriften und Vorlesungen (Ausw.)
1788 Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande von der Spanischen Regierung
1790-92 Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs
1789 Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? (= Zusammenfassung der beiden ersten Vorlesungen in Jena)
Philosophische und ästhetische Schriften (Ausw.)
1780 Versuch über den Zusammenhang der tierischen Natur des Menschen mit seiner geistigen (= Dissertation)
1782 Über das gegenwärtige teutsche Theater
1785 (1784 e) Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet (u.d.T. Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken? Urspr. T.: Vom Wirken der Schaubühne auf das Volk)
1786 Philosophische Briefe
1792 (1790-91 e) Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen
1792 (1791 e) Über die tragische Kunst
1793-94 Vom Erhabenen; Über das Pathetische (u.d.T. Fortgesetzte Entwicklung des Erhabenen)
1801 Über das Erhabene
1793 Über Anmut und Würde
1795 Über die ästhetische Erziehung des Menschen, in einer Reihe von Briefen
1795-96 Über naive und sentimentalische Dichtung (Über das Naive, 1795; Die sentimentalischen Dichter, 1795; Beschluß der Abhandlung über naive und sentimentalische Dichter, nebst einigen Bemerkungen einen charakteristischen Unterschied unter den Menschen betreffend, 1796)
1827 (1797 e) Über epische und dramatische Dichtung (zus. m. Goethe)

Resignation

Auch ich war in Arkadien geboren,
Auch mir hat die Natur
An meiner Wiege Freude zugeschworen,
Auch ich war in Arkadien geboren,
Doch Tränen gab der kurze Lenz mir nur.
Des Lebens Mai blüht einmal und nicht wieder,
Mir hat er abgeblüht.
Der stille Gott - o weinet, meine Brüder -
Der stille Gott taucht meine Fackel nieder,
Und die Erscheinung flieht. ...