Gotthold Ephraim Lessing

*22. Januar 1729 Kamenz (Oberlausitz)
+15. Februar 1781 Braunschweig (Schlaganfall) begraben: Braunschweig, Friedhof von St. Magni

Aus nicht sehr begüterter Pfarrersfamilie; drittes von zwölf Geschwistern, von denen sieben in frühen Jahren sterben; erster Unterricht durch den strenggläubigen Vater und einen Hauslehrer; Lateinschule.
1776 Heirat mit Eva König (+1778; Witwe des Hamburger Freundes König, die vier Kinder in die Ehe mitbringt); Sohn (*+1777)
Bedeutendster Schriftsteller der deutschen Aufklärung; Dichter und Gelehrter: Dramatiker, Fabeldichter, Kritiker, Philologe, Literaturtheoretiker, Kunstgeschichtler, Theologe, Philosoph. Einer der ersten, der als freier Schriftsteller sein Leben zu fristen versucht.
Wahrheitssucher, Erzieher und Kämpfer gegen soziale Gewissenlosigkeit, Engstirnigkeit und Intoleranz. Optimistische Geschichtsauffassung: stetige geistige und damit sittliche Weiterentwicklung des Menschen.
Dramentheorie: grundlegende Neuerungen; fordert neues deutsches Drama gegenüber dem von Gottsched zum Maßstab gemachten französischen Drama; Vorbild: Shakespeare. "Bürgerliches Trauerspiel": Held(in) aus dem Bürgertum, Identifikation mit dem Helden (L. deutet "Furcht und Mitleid" des Aristoteles nicht als Furcht vor, sondern als Furcht für den Helden).
wichtige Lebensdaten:
1741-46 Besuch der Fürstenschule St. Afra in Meißen: "Wie gerne wünsche ich mir diese Jahre zurück, die einzigen, in welchen ich glücklich gelebt habe."
1746 Studium der Theologie und Philologie in Leipzig (Gellert, Gottsched); Interesse am Theater (Truppe der Neuberin); Schulden
1748 kurzes Medizinstudium in Leipzig; Flucht nach Wittenberg, um dem Schuldgefängnis zu entgehen; Entschluß, freier Schriftsteller zu werden. Übersiedlung nach Berlin. Verfasser der Monatsbeilage "Das Neueste aus dem Reiche des Witzes" der Berlinischen Privilegierten Zeitung (bis 1755)
1751 Übersiedlung nach Wittenberg
1752 Magisterexamen, Rückkehr nach Berlin
1754 Freundschaft mit Karl Wilhelm Ramler, Moses Mendelssohn und Christoph Friedrich Nicolai
1755 Übersiedlung nach Leipzig; Freundschaft mit Ewald von Kleist
1756 Abbruch einer Reise nach England (mit Johann Gottfried Winkler) in Amsterdam wegen des Kriegsausbruchs. Halberstadt (Gleim); Besuch der Bibliothek Wolfenbüttel; Begegnung mit Klopstock und dem Schauspieler Ekhof in Hamburg
1758 Übersiedlung nach Berlin
1760 auswärtiges Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften; Sekretär des Generals Tauentzien in Breslau
1765 Rückkehr nach Berlin
1767 Dramaturg am Hamburger Nationaltheater
1770 Bibliothekar an der herzoglich-braunschweigischen Bibliothek in Wolfenbüttel
1771 Verlobung mit Eva König; Mitglied der Hamburger Loge zu den drei Rosen
1774-78 Ausgabe der Fragmente eines Ungenannten von Reimarus
1775 Reise nach Leipzig, Berlin, Dresden, Wien; Audienz bei Kaiser Joseph II.; Weiterreise nach Italien als Begleiter des Prinzen Leopold von Braunschweig
1776 Hofrat; Heirat
1777 Reise nach Mannheim; Ablehnung des Angebots, das Nationaltheater zu leiten; Tod des Sohnes wenige Stunden nach der Geburt zu Weihnachten, 14 Tage später Tod der Frau: "Ich habe es auch einmal so gut haben wollen wie andere Menschen. Aber es ist mir schlecht bekommen."
1780 Besuch Gleims in Halberstadt
Werke: (e = entstanden; a = Uraufführung)
Dramen
1747 (1748 a Leipzig) Der junge Gelehrte (Lustspiel)
1755 (einaktig; 1767 dreiaktig; 1748 e) Der Misogyn (Lustspiel)
1749 (1749 a Leipzig) Die alte Jungfer (Lustspiel)
1754 Die Juden (Lustspiel)
1755 (1749 e) Der Freygeist (Lustspiel)
1755 (1750 e) Der Schatz (Lustspiel)
1755 (a Frankfurt/Oder) Miß Sara Sampson (Trauerspiel)
1759/1786 Doktor Faust (Frgm.: II,3/Bruchstücke des 1. Aufzugs)
1759 Philotas (Trauerspiel)
1767 (a Hamburg; 1764 e) Minna von Barnhelm (Lustspiel)
1784 (1767 e) Die Matrone von Ephesus (Lustspiel)
1772 (a Braunschweig) Emilia Galotti (Trauerspiel)
1779 (1783 a Berlin) Nathan der Weise ("dramatisches Gedicht")
Fabeln
1747/51 Versfabeln
1759 Fabeln. Drei Bücher (Prosafabeln)
Lyrik
1751 Kleinigkeiten (Sammlung: anakreontische Lieder, Gedichte, Epigramme)
1753 (verm. 1784) Oden
1753 (veränd. 1771) Sinngedichte
ästhetische Schriften
1754 Abhandlungen von dem weinerlichen oder rührenden Lustspiele
1766 Laokoon oder Über die Grenzen der Malerei und Poesie...
1767/69 Hamburgische Dramaturgie (2 Bde.)
1771 Zerstreute Anmerkungen über das Epigramm
1779 Abhandlungen über die Fabel
kritische Schriften
1753 Kritische Briefe
1754 Ein Vademecum für den Hrn. Sam. Gotth. Lange, Pastor in Laublingen
1754 Rettungen des Horaz
1759-65 Briefe, die neueste Literatur betreffend
antiquarische Schriften
1768/69 Briefe antiquarischen Inhalts (2 Bde.)
1769 Wie die Alten den Tod gebildet
1792 Über die Ahnenbilder der alten Römer
philosophische u. theologische Schriften
1784 (1750 e) Gedanken über die Herrnhuter
1755 Pope, ein Metaphysiker! (zus. mit Mendelssohn)
1784 (1764 e) Von der Art und Weise der Fortpflanzung und Ausbreitung der christlichen Religion
1773 Leibniz von den ewigen Strafen
1784 (1778 e) Neue Hypothese über die Evangelisten als bloß menschliche Geschichtsschreiber betrachtet
1778 Eine Duplik
1778 Eine Parabel
1778 Axiomata
1778 Anti-Goeze
1778/80 Ernst und Falk. Gespräche für Freymäurer (2 Teile)
1780 (teilw. 1777) Die Erziehung des Menschengeschlechts
Ausgaben
1753 Schriften (Teil 1 und 2)
1754 Schriften (Teil 3 und 4)
1755 Schriften (Teil 5 und 6)
1767 Lustspiele
1771 Vermischte Schriften

Über die Wahrheit
Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist oder zu sein vermeinet, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der Wahrheit erweitern sich seine Kräfte, worin allein seine immer wachsende Vollkommenheit bestehet. Der Besitz macht ruhig, träge, stolz. -
Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit, obschon mit dem Zusatze, mich immer und ewig zu irren, verschlossen hielte und spräche zu mir: "Wähle!" - ich fiele ihm mit Demut in seine Linke und sagte: "Vater, gib! Die reine Wahrheit ist ja doch nur für dich allein!"