Georg Heym

*30. Oktober 1887 Hirschberg (Schlesien)
+16. Januar 1912 Berlin (beim Eislaufen auf der Havel eingebrochen und ertrunken) begraben: Charlottenburg, Friedhof der Luisengemeinde
Sohn des Staats- und späteren Militäranwalts Hermann Heym; Mutter: Jenny, geb. Taistrzik; wohlhabendes, konservatives Elternhaus, dessen Werte sich an protestantischer Frömmigkeit und am preußischen Soldatentum orientieren. H. leidet schon als Kind unter der dumpfen Atmosphäre des bürgerlichen Alltags.
Neben Stadler und Trakl bedeutendster Repräsentant des Frühexpressionismus. Literarische Vorbilder: Hölderlin, Nietzsche, Rimbaud, Büchner, Kleist, Grabbe. Visionäre Kraft seiner Verse; zentrale Themen: Anonymität und Feindseligkeit der industriellen Großstadtatmosphäre, die Irre und Selbstmörder hervorbringt; Krieg, Tod, Verfall, Endzeitstimmung in einer untergehenden Welt. Visionen kommender Kultureinbrüche. Reihung expressiver, drastischer, düster-apokalyptischer Metaphern.
wichtige Lebensdaten:
1892 Versetzung des Vaters: Umzug nach Posen
1894 Umzug nach Gnesen
1896 Beginn der gymnasialen Ausbildung in Gnesen; Vater wird wiederum nach Posen berufen; Schulwechsel auf das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Posen
1899 erste literarische Versuche: H. legt Gedichtbücher an, die er bis zu seinem Tod führt
1900 Umsiedlung nach Berlin: Hermann Heym wird Militäranwalt am Reichskammergericht
1904 Beginn der Tagebucheintragungen
1905 H. wird wegen eines Schülerstreichs vom Joachimsthalschen Gymnasium relegiert und wechselt auf das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Neuruppin
1907 Reifeprüfung in Neuruppin; Jurastudium in Würzburg, Mitglied im Corps Rhenania
1908 Weiterführung des Studiums an der Universität Berlin
1910 mit den Berlin-Gedichten Durchbruch zu seinem persönlichen Stil; H. schließt sich dem Neuen Club an, einer Keimzelle des Expressionismus; Immatrikulation an der Universität Jena
1911 erstes Staatsexamen; Referendariat; H. lässt sich nach drei Monaten beurlauben; Berufswunsch: fernöstlicher diplomatischer Dienst; deshalb Studium des Chinesischen am Orientalischen Seminar der Universität Berlin; H. bewirbt sich parallel dazu um die Stelle eines Fahnenjunkers bei mehreren Regimentern: "Ich weiß nicht mehr, wo mein Weg hingeht. [...] Am liebsten wäre ich, man denke sich, Kürassierleutnant, - heute - und morgen wäre ich am liebsten Terrorist." Freundschaft mit Hildegard Krohn. Promotion zum Dr. jur.
1912 H. bricht beim Schlittschuhlaufen auf der Havel ein und ertrinkt (wohl bei dem Versuch, seinen im Eis eingebrochenen Freund Ernst Balcke zu retten)
Werke: (e = entstanden)
Gedichte
1911 (1910-11 e) Der ewige Tag (u.a. Berlin I, Berlin II, Robespierre, Die Vorstadt, Ophelia, Der Winter, Der Gott der Stadt, Columbus)
1912 (1910-12 e) Umbra vitae (43 nachgelassene Gedichte; u.a. Deine Wimpern, die langen; Der Krieg I; Umbra vitae [Die Menschen stehen vorwärts in den Straßen...]; Die Morgue)
1914 (1956) Marathon I-XII (I-XXII) (Zyklus)
Novellen
1913 Der Dieb. Ein Novellenbuch (Der fünfte Oktober, Ein Nachmittag, Jonathan, Das Schiff, Der Irre, Der Dieb)
Drama
1907 Der Athener Ausfahrt (Trauerspiel in einem Aufzug)
Gesamtausgaben
1922 Dichtungen; hg. v. E. Löwenson und K. Pinthus, München 1922 (mit 50 unveröffentlichten Gedichten aus dem Nachlass)
1960-68 Dichtungen und Schriften. Gesamtausgabe; hg. von K. L. Schneider, 4 Bde., Hamburg/München (mit Tagebuch)