Heinrich Heine
eigentl. Harry (Taufname: Christian Johann Heinrich)

*13. Dezember 1797 Düsseldorf
+17. Februar 1856 Paris (Muskelatrophie infolge einer Rückenmarkserkrankung) begraben: Paris, Friedhof Montmartre
Sohn des jüdischen Kaufmanns Samson Heine und seiner Ehefrau Elisabeth geb. van Geldern. Aufklärerisches, nicht-orthodoxes Klima im Elternhaus: Die Schwester und die zwei jüngeren Brüder assimilieren sich an die Gesellschaft. Konversion zum Protestantismus (Voraussetzung für den Staatsdienst) als "Entreebillet in die europäische Kultur". Bis zum 40. Lebensjahr finanzielle Unterstützung durch den millionenschweren Bruder des Vaters, Salomon Heine.
Außenseiter; durchaus mit moralischen Schwächen - kleinlich, nachtragend, verleumderisch (man denke an die Polemiken gegen Platen, Börne, Meyerbeer), inkonsequent und wankelmütig im Denken und Handeln, aber auch freundlich, großzügig, fürsorglich als Ehemann, groß im achtjährigen Sterben.
1841 Heirat mit Crescence Eugénie Mirat ("Mathilde"; 1815-1883; elternloses Ladenmädchen) nach katholischem Ritus
"Deutscher Dichter"; Meister der Lyrik und der essayistischen Prosa. "Zerrissenheit": Romantiker und Rationalist, der das Idyllische und Spielerische durchschaut: "Trotz meiner exterminatorischen Feldzüge gegen die Romantik blieb ich doch selbst immer ein Romantiker, und ich war es in einem höheren Grade, als ich selbst ahnte." Schwermut, Weltschmerz, desillusioniert durch (Selbst-)Ironie, Satire. "Ein großer Weltriß geht durch meine Seele.": zwiespältiges Verhältnis zur Familie, zum Bürgertum, zum Heimatland ("Denk ich an Deutschland in der Nacht..."); gegen konservative Bürgerlichkeit, Obrigkeit, Unterdrückung, Lüge, Heuchelei, "Philistertum", "Teutomanie". Schöpfer des modernen Feuilletons. Versuch, zwischen deutscher und französischer Kultur zu vermitteln.
Im Leben wie im Tod umstritten, Kontroversen provozierend. Von Nietzsche (1888) und Th. Mann (1908) gepriesen, von anderen aus antisemitischer Haltung heraus verunglimpft (Treitschke, 1885, Adolf Bartels, 1906). In der Nazizeit werden seine Texte aus Anthologien und Schulbüchern getilgt, seine Bücher verbrannt.
"Und doch wird man die Namen Goethe und Heine immer nebeneinander aussprechen müssen, wenn es ich um die deutsche Lyrik handelt" (Wilhelm Scherer, 1883).
wichtige Lebensdaten:
1807-14 Besuch des Düsseldorfer Lyzeums (franz.-kath. Tradition); Abgang ohne Reifezeugnis
1815 kaufmännische Lehre in Frankfurt
1816 unglückliche Liebe zu seiner Kusine Amalie (Tochter des Onkels Salomon)
1817 Eintritt in das Hamburger Bankhaus seines Onkels Salomon
1819 Bankrott des vom Onkel finanzierten eigenen Kommissionsgeschäfts. Jura-Studium in Bonn
1820 Studium in Göttingen; Relegation wegen einer Duellforderung auf Pistolen an einen Kommilitonen
1821 Immatrikulation in Berlin
1822 leichte Verwundung nach erneuter Duellaffäre; Rachel Varnhagen, Chamisso, Hoffmann von Fallersleben; Reise nach Polen
1824 Göttingen; Harzreise; Besuch bei Goethe
1825 juristisches Examen und Promotion in Göttingen; Taufe in Heiligenstadt; Lüneburg, Norderney, Hamburg; unglückliche Liebe zur Kusine Therese
1826 erneuter Aufenthalt in Norderney
1827 Reise nach England (London); Übersiedlung nach München
1828 Mitherausgeber von Cottas Neuen Allgemeinen PolitischenAnnalen. Bewerbung um Professur in München scheitert. Italien-Reise. Tod des Vaters
1829 Aufenthalt in Hamburg und auf Helgoland
1830 erneut Helgoland und Berlin
1831 Übersiedlung nach Paris; Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung; Kontakte mit George Sand, Dumas, Balzac
1834 Bekanntschaft mit Crescence Eugénie Mirat ("Mathilde"), die 1836 zu ihm zieht
1835 Verbot der Schriften des Jungen Deutschland durch den Bundestag; Verbot der Verbreitung aller künftigen unzensierten Schriften Heines durch preußischen Erlaß
1836 schweres Augenleiden; beginnende Rückenmarkserkrankung, die H. selbst für syphilitisch bedingt hält; Pension der französischen Regierung (bis 1848); Freundschaft mit Gérard de Nerval
1841 Duell-Affäre mit Salomon Strauß; Liszt, Chopin
1843 kurzer Besuch in Deutschland; Kontakte mit Marx und Hebbel in Paris; Lähmungserscheinungen
1844 Haftbefehl der preußischen Polizei; heimlicher letzter Besuch in Deutschland; Erbstreitigkeiten nach dem Tod des Onkels Salomon; Verschlimmerung der Krankheit, unterbrochen von Phasen der Besserung
1847 Vermögensverluste durch den Pariser Börsenkrach
1848 völliger Zusammenbruch; vom Oberkörper abwärts gelähmt, fast blind; ständige Bettlägerigkeit, begraben in der "Matratzengruft"
1850 Rückkehr zum Glauben an persönlichen Gott
1855 letzte Liebe, auf den ersten Blick: Elise Krinitz alias Camille Selden ("Mouche"; *1828)
Werke: (e = entstanden; a = Uraufführung)
Lyrik
1822 Gedichte
1827 Buch der Lieder (Junge Leiden, Lyrisches Intermezzo, Die Heimkehr, Aus der Harzreise, Die Nordsee)
1844 Neue Gedichte (Neuer Frühling, Verschiedene, Romanzen, Zur Ollea, Zeitgedichte)
1851 Romanzero (Historien, Lamentationen, Hebräische Melodien)
1854 Gedichte 1853 und 1854 (in: Vermischte Schriften Bd.1)
satirische Versdichtungen
1843 Atta Troll. Ein Sommernachtstraum (Buchausgabe 1847)
1844 Deutschland. Ein Wintermärchen
Dramen
1821 Almansor (Tragödie)
1851 (1926 a Prag) Der Doctor Faust. Ein Tanzpoem. Nebst kuriosen Berichten über Teufel, Hexen und Dichtkunst (Ballett-Libretto)
Erzählprosa
1834 Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewopski
1836 Florentinische Nächte (Novellenfragment; authentische Fassung 1837 im Salon Bd.3)
1840 Der Rabbi von Bacherach (Romanfragment)
sonstige Prosa
1823 Über Polen
1826 Reisebilder. Teil 1: Die Heimkehr; Die Harzreise; Die Nordsee, 1. u. 2. Abt.
1827 Reisebilder. Teil 2: Die Nordsee, 3. Abt.; Ideen. Das Buch Le Grand; Neuer Frühling
1828 Die deutsche Literatur
1829 Reisebilder. Teil 3: Italien 1828. I. Reise von München nach Genua; II. Die Bäder von Lucca
1831 Reisebilder. Teil 4: Italien 1828. III. Die Stadt Lucca; Englische Fragmente
1831-32 (Buchausg. 1833) Französische Zustände
1833 Zur Geschichte der neueren schönen Literatur in Deutschland (überarb. Die Romantische Schule, 1835)
1834 Der Salon (Bd.1; mit Aus den Memoiren des Herren von Schnabelewopski)
1834 De l´Allemagne depuis Luther
1834 Der Salon (Bd.2; mit Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland = De l´Allemagne...)
1836 An die Hohe Bundesversammlung
1837 Der Salon (Bd.3; mit Florentinische Nächte; Elementargeister)
1839 Schriftstellernöte
1839 Der Schwabenspiegel
1840 Ludwig Börne, eine Denkschrift
1840 Der Salon (Bd.4, mit Der Rabbi von Bacherach)
1853 Die Götter im Elend (später: Die Götter im Exil)
1854 Vermischte Schriften (3 Bde.; u.a. Geständnisse, Gedichte, Lutetia, Teil 1 u. 2)
Autobiographisches
1854 Geständnisse (in: Vermischte Schriften)
1884 Memoiren (Frgm.)
Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
die hat einen andern erwählt;
der andre liebt eine andre,
und hat sich mit dieser vermählt.
Das Mädchen heiratet aus Ärger
den ersten besten Mann,
der ihr in den Weg gelaufen;
der Jüngling ist übel dran.
Es ist eine alte Geschichte,
doch bleibt sie immer neu;
und wem sie just passieret,
dem bricht das Herz entzwei.
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Und als ich euch meine Schmerzen geklagt,
Da habt ihr gegähnt und nichts gesagt;
Doch als ich sie zierlich in Verse gebracht,
Da habt ihr mir große Elogen gemacht.