Johann Nepomuk Nestroy

*7. Dezember 1801 Wien
+25. Mai 1862 Graz (Gehirnschlag) begraben: Wien, Währinger Friedhof; 1881 Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof
Sohn des Hof- und Gerichtsadvokaten Johann Nestroy und seiner Frau Magdalena, geb. Konstantin. Früher Tod der Mutter. Nach abgebrochenem Jurastudium Opernsänger, Schauspieler, Theaterdichter, Theaterleiter.
1823 Heirat mit Wilhelmine Nespiesni; 1827 Trennung; 1845 Scheidung. Sohn: Gustav Johann Wilhelm (*1824)
1828 Verbindung mit Marie Weiler (Schauspielerin); Kinder: Carl Johann Anton (*1831); Maria Cäcilia (*1840); zahlreiche Affären
N. steht in der Tradition des Wiener Volkstheaters; gehört zu den wichtigsten satirischen Schriftstellern des 19. Jhs. Mehr als 80 Volksstücke, Singspiele, Lokalpossen in Dialekt und Hochsprache; oft mit Musik- und Gesangseinlagen. Stücke sind auf Bühnenwirksamkeit angelegt; Sprachwitz; Typen als Vertreter verschiedener sozialer Schichten; Kritik an politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen, an menschlichen Schwächen. Aneignung fremder Stoffe.
N. ist der erste deutsche Satiriker, in dem sich die Sprache Gedanken macht über die Dinge. Er erlöst die Sprache vom Starrkrampf... Im abseitigtsen Winkel einer Nestroyschen Posse ist mehr Lebenskennerschaft...als im Repertoire eines deutschen Jahrzehnts. (Karl Kraus) Nestroys Dichtung ist das schönste Monument, das je dem Mutterwitz eines Volkes errichtet wurde. (Alfred Polgar) Und auch darin erinnert er an die beiden Iren [Wilde und Shaw], daß er ganz skrupellos die ordinären Sorten der Bühnenliteratur: das Familienmelodram, den Schwank und die Posse bevorzugte, aber zugleich in höchstem Maße veredelte, indem er ihnen seinen reifen, funkelnden, facettenreichen Geist einpflanzte. (Egon Friedell)
wichtige Lebensdaten:
1811 akademisches Gymnasium in Wien
1813 Wechsel aufs Schottengymnasium
1814 Tod der Mutter
1817 Studium an der Wiener Universität (Philosophie)
1818 erster Auftritt als Opernsänger
1820 zwei Semester an der juristischen Fakultät
1822 erfolgreiches Debüt als Opernsänger (Sarastro in der "Zauberflöte"); Engagement am k. k. Hoftheater in Wien
1823-25 Engagement am Deutschen Theater in Amsterdam: Opern- und Sprechrollen
1825 am Nationaltheater in Brünn
1826 Engagements in Graz und Preßburg (komischer Charakterdarsteller)
1828 Auftritte in Graz (beziehung zu der Sängerin Marie Weiler) und Preßburg
1829 Gastspiel am Josefstädter Theater in Wien
1830 Gastspiel an der Wiener Oper
1831-39 Engagement als Schauspieler und Bühnendichter am Theater an der Wien unter dem Direktor Carl
1833 Durchbruch als Dramatiker mit "Lumpazivagabundus"
1834 Tod des Vaters
1841 Gastspiel in Hamburg; Erkrankung
1842 Gastspiel in Prag
1843 Gastspiel in Breslau
1844 Gastspiele in Prag, Berlin, Frankfurt
1845 Gastspiele in Berlin, Prag, München
1847 Gastspiele in Prag, Berlin, Hamburg, Frankfurt, Mainz, Wiesbaden
1849 Gastspiel in Prag
1851 Gastspiel in Triest
1853 Gastspiel in Berlin
1854 nach dem Tod von Carl Pächter und Direktor des Carl-Theaters in Wien
1856 N. überträgt Marie Weiler die Verwaltung des Carl-Theaters
1857 Reise nach Paris und Holland
1858 Reise nach Paris und Hamburg
1860 Ende der Direktionstätigkeit; Übersiedelung nach Graz
1861 Gastspiel in Wien
1862 April: letzter Auftritt als Schauspieler in Graz
Werke: (e = entstanden; a = Uraufführung)
Dramen
1826 e (a 1841) Prinz Friedrich (romant. Trauerspiel)
1827 (a Graz) Der Zettelträger Papp (komische Kleinigkeit)
1833 (1833 a Wien) Robert der Teuxel (parodierende Zauberposse)
1835 (1833 a Wien) Der böse Geist Lumpazivagabundus oder Das liederliche Kleeblatt (Zauberspiel mit Gesang)
1836 (a Wien) Die beiden Nachtwandler oder das Notwendige und das Überflüssige (Posse mit Gesang)
1838 (1835 a Wien) Zu ebener Erde und erster Stock oder Die Launen des Glückes (Lokalposse mit Gesang)
1839 (1835 a Wien) Eulenspiegel oder Schabernack über Schabernack (Posse mit Gesang)
1840 (a Wien) Der Färber und sein Zwillingsbruder (Posse mit Gesang)
1842 (1839 a Wien) Die verhängnisvolle Faschingsnacht (Posse mit Gesang)
1843 (1840 a Wien) Der Talisman (Posse mit Gesang)
1844 (1842 a Wien) Einen Jux will er sich machen (Posse mit Gesang)
1845 (1841 a Wien) Das Mädl aus der Vorstadt oder Ehrlich währt am längsten (Posse)
1845 (1844 a Wien) Der Zerrissene (Posse mit Gesang)
1847 (a Wien) Die schlimmen Buben in der Schule (Burleske mit Gesang)
1849 (1846 a Wien) Der Unbedeutende (Posse mit Gesang)
1849 (1848 a Wien) Freiheit in Krähwinkel (Posse mit Gesang)
1890 (1849 e; 1890 a Wien) Der alte Mann mit der jungen Frau (Volksstück mit Gesang; zensierter Text)
1849 (a Wien) Höllenangst (Posse mit Gesang)
1891 (1849 a Wien) Judith und Holofernes (Parodie auf Hebbels "Judith")
1852 (a Wien) Kampl oder Das Mädchen mit Millionen und die Nähterin (Posse mit Gesang)
1862 (a Wien) Frühere Verhältnisse (Posse mit Gesang)
1891 (1837 a Wien) Das Haus der Temperamente (Posse mit Gesang)
1912 (1862 a Wien) Häuptling Abendwind oder Das grausliche Festmahl (Indianische Faschings-Burleske; Operette)