15. Die Epoche der Moderne (20.Jh.)
Allgemeine Grundlagen Schon mit des Beginn der Neuzeit in
Europa (Renaissance) haben die Menschen mehr und mehr Ideale und Werte entwickelt,
die sich von den alten, mittelalterlich-religiösen Auffassungen lösten
und den Menschen selbst in den Mittelpunkt rückten. Die neuen Ideen haben
ihren gemeinsamen Fluchtpunkt in der Vorstellung von dem autonomen Individuum,
das die Dinge mit seinem Verstand prüft und dann selbstständig entscheidet
und handelt (Aufklärung). Kunst und Philosophie der Klassik haben diese
Konzeption erweitert zum Idealbild der allseits gebildeten, ihre Fähigkeiten
und Neigungen harmonisch in sich vereinigenden Persönlichkeit. Zugleich
wurde aber eine Welt geschaffen, die sich der Verwirklichung der neuen Leitbilder
zusehends versperrte (z.B. Entfaltung des Staates, seiner Institutionen, Regeln
und Bürokratie, Entwicklung der Arbeitsteilung und Spezialisierung infolge
der zunehmenden Industrialisierung). So droht der Mensch entweder der Welt fremd
gegenüberzustehen, wenn er seine Autonomie wahren will, oder aber seine
Autonomie aufzugeben, will er sich integrieren. Immer schwieriger wird es, einen
Kompromiss zu finden, der es ihm erlaubt, sich frei und geborgen zugleich zu
fühlen.
Die skizzierte Situation und Problematik hat sich im 20. Jh. immer mehr zugespitzt.
- Die Welt ist noch komplizierter und beim Fehlen intensiver Auseinandersetzung
mit ihr undurchsichtiger geworden. / - Unsere Kenntnis hat sich zwar vergrößert,
das Wenigste wissen wir aber aus unmittelbarer Erfahrung und Anschauung; wir
sind vielmehr auf Informationen aus zweiter Hand angewiesen. / - Die menschlichen
Möglichkeiten sind immens angewachsen (Technik), dafür sind aber auch
die Gefahren globaler geworden. / - Die Idee von einem selbstständigen,
vernünftigen, mit freiem Willen begabten und nur seinem Gewissen verantwortlichen
Individuum, das "von Natur aus gut ist", wird von den modernen Wissenschaften,
v.a. der Psychologie, in Frage gestellt. / - Wertsysteme, die dem Menschen zur
Orientierung dienen können, wie z.B. Religion, Vaterland, Familie, haben
ihren allgemein verbindlichen Charakter, ihre Selbstverständlichkeit verloren.
Konsequenzen für den Roman
Wie alle Literatur, so reagiert auch der Roman auf die angesprochene Situation.
Inhaltlich Der Roman ist spätestens seit Cervantes "Don
Quixote" diejenige literarische Gattung, die den Konflikt zwischen Einzelnem
und Welt zum Gegenstand hat. Nun im 20. Jh., da die Künstler die Bedrohung
des Menschen intensiv und mit gesteigerter Sensibilität erleben und registrieren
und in oft extremer Weise auszudrücken suchen, vergrößert sich
die Entfremdung des Romanhelden von seiner Umwelt. Er wird zur totalen Negation
des Helden herkömmlichen Typs. Passivität, Leiden, selbstquälerische
Reflexion prägen sein Leben, er wird zunehmend unfähig, sinnvoll zu
handeln, und er ist sich darüber hinaus dieser seiner Situation bewusst.
Formal Das Erzählen selbst bleibt von diesen Veränderungen
nicht unberührt. Es entsteht das, was man die "Krise des Romans"
(= des traditionellen, realistischen) nennt.
- Das Schema des herkömmlichen Romans, die realistische Schilderung eines
Lebensweges in einem konkreten historisch-gesellschaftlichen Kontext, erscheint
zu eng, um die immer komplexere und unübersichtliche Wirklichkeit umfassen
zu können.
- Zudem erwuchs des Roman in Fotografie und Film eine Konkurrenz, die im Vergleich
zur Sprache die äußere Realität weit direkter wiederzugeben
imstande ist.
- Die der alltäglichen Sprache entnommene, ungekünstelte Prosa des
Romans ist nach Meinung der Dichter durch Werbung, Politik und die Konventionen
des gesellschaftlichen Lebens zu stark von Klischees geprägt.
Um dennoch Romane schreiben zu können - denn inhaltlich ist der Roman immer
noch eine geeignete Gattung -, wird zu einer Reihe von erzählerischen Techniken
gegriffen, die oft zu mehreren in ein und demselben Roman auftreten und die
sich vereinfacht wie folgt darstellen lassen:
- Der Erzähler kann die Schwierigkeiten, die er beim Erzählen hat,
im Roman selbst thematisieren und damit den Eindruck von Wirklichkeit und Wahrscheinlichkeit
(ein Merkmal realistischer Schreibweise) verfremden.
- Der Erzähler kann realistisch schildern oder vorgeben, realistisch schildern
zu wollen, durch Ironie aber seine Vorbehalte gegenüber eben dieser Schreibweise
deutlich machen.
- Dem Erzähler gelingt es nicht mehr, die Wirklichkeit zu ordnen, zu einem
erzählerischen Ablauf zu gestalten. Er montiert stattdessen verschiedene
Eindrücke von der Wirklichkeit in ihren mannigfaltigen Aspekten zu einem
oft verwirrenden Bild zusammen.
- Auch die innere Wirklichkeit des Menschen, seine Psyche, kann vom Erzähler
nicht mehr übersichtlich gemacht werden. So schildert er oft ungeordnet
Gefühle und Gedanken seiner Romanfiguren, bisweilen ohne als Erzähler
überhaupt auch nur in Erscheinung zu treten (innerer Monolog).
- Da der Erzähler die Komplexität der Wirklichkeit nicht mehr erzählerisch
voll erfassen kann, stellt er sie theoretisch dar. So werden die modernen Romane
stellenweise zu philosophischen Abhandlungen, die Handlung und Schilderung verdrängen.
- Der Realismus kann ganz aufgegeben werden. An seine Stelle tritt eine vom
Autor konstruierte eigene, irreale bzw. halbreale Welt, mit der er glaubt, die
Situation des modernen Menschen treffender ausdrücken zu können.
Wichtige Autoren und Werke
- James Joyce, "Ulysses" (1922) - John Dos Passos, "Manhattan
Transfer" (1925)
- Marcel Proust, "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" (1913-27)
- Hermann Broch, "Der Tod des Vergil" (1945) - Alfred Döblin,
"Berlin Alexanderplatz" (1929)
- Hermann Hesse, "Der Steppenwolf" (1927) Anhang 1 - Franz Kafka,
"Der Prozess" (1925) Anhang 2
- Thomas Mann: "Buddenbrooks" (1901), / "Der Zauberberg"
(1924), / "Doktor Faustus" (1947)
- Robert Musil, "Der Mann ohne Eigenschaften" (1930-52)
- Rainer Maria Rilke, "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" (1910)
Anhang 3
Die moderne Lyrik
Bei jedem Kunstwerk kann man Aussage (auch Gehalt) und Form unterscheiden, die
dialektisch aufeinander bezogen sind. Die Aussage kann nur durch die Form vermittelt
werden, die Form hat nur Sinn durch die Aussage. Seit der Mitte des 19.Jhd.
verschiebt sich die Form-Aussage-Dialektik immer mehr zugunsten der Form, die
Form wird schließlich zur Aussage.
Am Beispiel der Malerei soll dies verdeutlicht werden. Die bildenden Künstler
malten bis ins 19.Jhd. hinein so, als bildeten sie die physische Wirklichkeit
ab. Es ging ihnen dabei zwar nicht um die naturgetreue, quasi photographische
Wiedergabe, sondern um den Ausdruck bestimmter Ideen und Gefühle. Ein möglicher
Bezug des Bildinhaltes zur Wirklichkeit ist aber immer deutlich. ("Man
kann erkennen, was das Bild darstellen soll.") Im weiteren Verlauf der
Entwicklung wird den Malern die formale Seite der Bilder (Linien, Flächen,
Farben) immer wichtiger (abstrakte Malerei). Sie experimentieren mit ihnen und
komponieren aus ihnen Gebilde, bei denen der mögliche Bezug zur Wirklichkeit
keine Rolle spielt (selbst wenn man noch erkennen kann, was das Bild darstellen
soll), ja die sogar gegenstandslos sein können. Es geht in diesen Bildern
um die Errichtung einer eigenen Welt aus Linien, Flächen und Farben. Solche
Gemälde sind mit der Musik vergleichbar, die durch Kombination von Tönen
ebenfalls eine Welt schafft, die ihre Bedeutung in sich hat und nichts abbilden
muss.
In der Dichtung ist die Gattung der Lyrik diejenige, die dem Ziel des abstrakten
Kunstwerkes am nächsten kommt.
"Dichtung ... kannte schon immer Augenblicke, in denen der Vers sich zu
einer Eigenmacht des Tönens hob, die zwingender wirkt als sein Gehalt.
(...) Doch hat älteres Dichten in solchen Fällen nie den Gehalt preisgegeben,
eher danach getrachtet, ihn eben durch die Klangdominante in seiner Bedeutung
zu steigern. (...) Seit der europäischen Romantik treten andere Verhältnisse
auf. (...) Stärker als bisher schieden sich in der Sprache die Funktion
der Mitteilung und die Funktion, ein unabhängiger Organismus musikalischer
Kraftfelder zu sein. (...) Die Möglichkeit ist erkannt, ein Gedicht durch
eine Kombinatorik entstehen zu lassen, die mit den tönenden und rhythmischen
Elementen der Sprache schaltet wie mit magischen Formeln. Aus ihnen, nicht aus
der thematischen Planung, kommt dann ein Sinn zustande - ein schwebender unbestimmter
Sinn, dessen Rätselhaftigkeit weniger von den Kernbedeutungen der Worte
verkörpert wird als vielmehr von ihren Klangkräften und semantischen
Randzonen." Hugo Friedrich, Die Struktur der modernen Lyrik, Hamburg 1970,
3. Aufl. der erweiterten Neuausgabe S. 50
Neben Klang und schillernder Bedeutung sind noch die Chiffren zu erwähnen,
Metaphern, die nichts mehr verbildlichen und daher unübersetzbar sind.
Die Ursachen für solche Dichtung, die keine Aussage über die Wirklichkeit
machen, sondern selbst eine autonome, sich selbst genügende Wirklichkeit
sein will (L'art pour l'art, poésie pure), liegen in der modernen Zeit
selbst (s. Punkte 1 bis 3). Gegen die schlechte Realität, gegen die genormte
und leere Sprache und gegen veraltete literarische Traditionen (z.B. bestimmte
Reime und Bilder in Gedichten) versuchen die modernen Lyriker durch eine neue
Sprache eine eigene Welt zu errichten, die von der Wirklichkeit frei ist. Die
Gedichte stellen also durch ihre Abgeschlossenheit von der Wirklichkeit einen
Protest gegen diese Wirklichkeit dar. Die Dichter wollen aber auch der Welt,
die sie für sinnlos halten, einen neuen Sinn geben, den sie im autonomen
Kunstwerk sehen.
Das moderne Drama
Seit etwa der Mitte des 20. Jahrhunderts nennen Theaterautoren ihre Produktionen
nicht mehr "Drama" oder "Tragödie", da diese Kategorien
ein für sich selbst verantwortliches, autonomes, bewusstes Individuum (eben
einen "tragischen Helden") voraussetzen, das sich in freier Wahl für
ein bestimmtes Handeln entscheidet und unter bestimmten Umständen daran
zerbricht, weil es handelnd in Konflikt gerät mit Prinzipien einer gleichrangigen
Wertebene. Tragödien werden geschrieben, um eine bessere Gesellschaft zu
erreichen, in der Tragödien nicht mehr vorkommen müssen. Geht diese
utopische, optimistische Perspektive verloren, ist auch der Begriff der "Tragödie"
sinnlos.
Stattdessen hat sich der nichts sagende Terminus "Stück" eingebürgert.
In ihm spiegelt sich die Beobachtung eines Menschentyps wider, der geprägt
ist von Handlungs-, Geschichts- und Sinnverlust, von Ohnmacht und Fremdbestimmung
inmitten einer übermächtigen Mediengesellschaft bei gleichzeitig zunehmenden
Kommunikationsschwierigkeiten.
Folgerichtig hat sich auch der einmal verbindliche Formenkanon der Tragödie
aufgelöst:
- Das in sich geschlossene Drama, dessen Verlauf auf eine Lösung oder eine
Katasrophe zusteuerte - innerhalb des Theaterstücks wurde also der Konflikt
beigelegt oder eine utopische Lösung des Konflikts angedeutet -, wird vom
Drama der offenen Form abgelöst. Für dieses ist typisch, dass es den
Konflikt, um den es sich dreht, nicht löst, weil es die Mittel für
eine Lösung nicht kennt oder vorgibt nicht zu kennen.
- Akte und Szenen verschwinden und machen Platz für nahezu gleichrangige
Bilder und Impressionen.
- Der Text wird zum gleichberechtigten Bestandteil eines gestischen, musikalischen
und visuellen Gesamtzusammenhanges.
- An die Stelle des dramatischen Konflikts, der sich in Wort und Gespräch,
niederschlug, tritt zunehmend der Versuch, etwas Unaussprechliches in Worte
zu fassen. Die Sprache als Form der Welterkenntnis und der intersubjektiven
Mitteilung versagt zusehends.
Von der Weimarer Republik bis zum Ende
des Nationalsozialismus (1919 - 1945)
Historischer Hintergrund
- Ende des ersten Weltkriegs, Versailler Vertag, Weimarer Republik
- politischer Terror, Inflation, u.a. durch Reparationszahlungen (bis 1923)
- ab 1924 scheinbarer wirtschaftlicher Aufschwung, »Goldene Zwanziger?
- Scheitern der Weimarer Republik, Beginn der Hitler-Diktatur (1933)
- Zensur politisch gegnerischer Presse, Künstleremigrationen, Verfolgung
politischer Gegner, Judenverfolgung
- Zweiter Weltkrieg (1939-45), Zusammenbruch des Nationalsozialismus
Neue Sachlichkeit - allgemeine Kunstrichtung, Reaktion auf
den Expressionismus
- sachlich-objektive Darstellung, ?[...], man will Fakta und Fakta.? (Döblin)
- großes literarisches Spektrum durch mannigfaltige Auffassungen
Literarische Formen: - Roman als bevorzugte Gattung aufgrund
der Fülle der Ereignisse (erster Weltkrieg), vielschichtige Monumentalromane
(Mann, Musil, Broch)
- politische, gesellschaftskritische Satiren (Tucholsky, Kästner)
Vertreter
- Thomas Mann (von unterschiedlichen, vollkommen gegensetzlichen Charakteren
handelnder Gesprächsroman Der Zauberberg, die rationale Joseph-Romantetralogie,
Darstellung des nationalsozialistischen Rausches als Teufelsbündler in
Doktor Faustus)
- Robert Musil (Haupt- und Lebenswerk Der Mann ohne Eigenschaften, von jemandem
handelnd, der »ein bedeutender Mann? werden will, Vorkriegszeit (erster
Weltkrieg) als zeitlicher Schauplatz)
- Hermann Broch (Romantrilogie Die Schlafwandler, beinhaltet drei Zeitbilder
und ein zehnteiliges Essay über Wertsetzung, poetischer und esoterischer
Roman Der Tod des Vergil, wissenschaftliche und politische Essays)
- Hermann Hesse (kritischer Roman Unterm Rad, Darstellung von Gegensätzen
in autobiographischen »Seelenbiographien? Demian, Siddharta, Der Steppenwolf
und dem Roman Das Glasperlenspiel) Anhang 1
- Anna Seghers (revolutionäre Erzählung Der Aufstand der Fischer von
St. Barbara, den Nationalsozialismus beobachtenden Romane Der Kopflohn und Die
Rettung, Roman über Flucht aus dem Konzentrationslager Westhofen Das siebte
Kreuz)
- Carl Zuckmayer (Volksstücke Der fröhliche Weinberg und der vom Teufelskreis
der Bürokratie handelnde Der Hauptmann von Köpenick, Drama Des Teufels
General)
- Ödön von Horváth (wirklichkeitsnahe Volksstücke Zur
schönen Aussicht, Italienische Nacht, Geschichten aus dem Wiener Wald,
Kasimir und Karoline und Glaube Liebe Hoffnung, fein unterscheidende Gesellschaftskritik,
Roman über die Jugend im Nationalsozialismus Jugend ohne Gott)
- Bertolt Brecht (didaktische Stücke Der Jasager und der Neinsager, Die
Maßnahme, Die Ausnahme und die Regel, Die Dreigroschenoper, Theatertheorien
Kleines Organon für das Theater, historisches Drama über die Verantwortung
eines Wissenschaftlers Leben des Galilei, Drama über den Dreißigjährigen
Krieg Mutter Courage und ihre Kinder, Parabel Der gute Mensch von Sezuan)
- Erich Maria Remarque (Antikriegsromane, den ersten Weltkrieg betreffend, Im
Westen nichts Neues, Der Weg zurück)
- Kurt Tucholsky (scharfsinnige, politische und gesellschaftskritische Satire,
Prosawerke Rheinsberg, Schlo? Gripsholm)
- Erich Kästner (satirische Gedichte, Fabian, Emil und die Detektive)
- Johannes R. Becher (expressionistische Lyrik, politische Dichtung, Dramatik,
z.B. Winterschlacht. eine deutsche Tragödie)
- Hans Fallada (gesellschaftskritische Romane, Wer einmal aus dem Blechnapf
frißt, Kleiner Mann - was nun?) Nationalsozialistische Literatur
- Emigration sehr vieler Schriftsteller (Werfel, Kaiser, Manns, Döblin,
Musil, Broch, Roth, Seghers, Zuckmayer, Brecht), geistige Verarmung
- kulturtheoretische Denkansätze von Nietzsche bis Sprengler als Grundlage
für die nationalsozialistische Propagandaliteratur von keinem literarischen
Wert
- epigonale »volkhafte Dichtung? und »heldische Dichtung? zur Förderung
des Kampfgeistes
Literatur der Nachkriegszeit (1945 - 1949)
- Wiederkehr der meisten emigrierten Schriftsteller
- Erschwerung durch allgemeinen Bevölkerungsnotstand, Papierknappheit und
Zensur der Besatzungsmächte
- Aufgriff des zweiten Weltkrieges als direktes oder indirektes Thema oder konservatives
Aufgreifen der Antike, des Humanismus, der Klassik
- Literaturverein »Gruppe 47?, Hans Werner Richter und Alfred Andersch,
politisch engagierte Literatur, klarer und präziser Realismus, vorwiegend
Kurzgeschichten
- Elisabeth Langgässer (Das unauslöschliche Siegel), Hermann Kasack
(Die Stadt hinter dem Strom)
- Ernst von Salomon (Stimmungsbild der Nachkriegszeit in Der Fragebogen)
- Wolfgang Borchert (Antikriegs-Hör- und Schauspiel Draußen vor der
Tür)
- Wolfgang Weyrauch (Prosasammlung Tausend Gramm), Günter Erich (Abgelegene
Gehöfte)
Literarische Entwicklung in der BRD (1949 - 1989)
Allgemeines - stilistische Vielfalt (z.B. Existentialismus),
Experimentierfreude
- »Tendenzwende? (1975) - Hinwenden zu Subjektivität, Irrationalität
(Arno Schmidt)
Historischer Hintergrund - Vereinigung der drei westlichen
Besatzungszonen, Gründung der BRD (1949), Wiederaufbau unter Konrad Adenauer
(Bundeskanzler 1949-63), »Wirtschaftswunder?
Literarische Formen - literarisch anspruchslose »Trümmerromane?
während der Nachkriegszeit
- naturmagische Lyrik (Oskar Loerke, Wilhelm Lehmann, Günter Eich)
- Hörspiel (Eich, Dürrenmatt, Hildesheimer, Hoerschelmann, Jens, Böll,
Frisch, Lenz, Bachmann)
Vertreter - Gottfried Benn (Prosa Der Ptolemäer, Autobiographie
Doppelleben, Essay Ausdruckswelt, Vortrag Probleme der Lyrik)
- Paul Celan (Gedichtsammlungen Der Sand aus den Urnen, Mohn und Gedächtnis,
Von Schwelle zu Schwelle und Sprachgitter, befaßte sich u.a. mit Judenverfolgung
im Nationalsozialismus)
- Ingeborg Bachmann (Gedichtband Die gestundete Zeit, Themen Abschied, Aufbruch,
Zeit, Liebe und Tod, existentialistisches Hörspiel Der gute Gott von Manhattan)
- Günter Eich (Erneuerer des Hörspiels, Hörspielreihe Träume,
Darstellung von Traum und Wirklichkeit)
- Max Frisch (Roman Stiller, Mein Name ist Gantenbein, Hörspiel über
die Unbelehrbarkeit eines feigen Geschäftsmannes Biedermann und die Brandstifter,
gesellschaftskritisches Drama Andorra)
- Wolfgang Koeppen (von den Problemen der Nachkreigszeit handelnde Romane Tauben
im Gras, Das Treibhaus, Der Tod in Rom)
- Heinrich Böll (kritische Romane und Erzählungen über die Entwicklung
der BRD, Und sagte kein einziges Wort, Das Brot der frühen Jahre, Billiard
um halbzehn)
- Günter Grass (autobiographischer, politischer Roman eines Zwergs Die
Blechtrommel, Roman über SA-Mann Hundejahre, Gedichtsammlungen Die Vorzüge
der Windhühner und Gleisdreieck)
- Friedrich Dürrenmatt (Komödien Der Besuch der alten Dame und Die
Physiker, außerdem die Komödien Romulus der Große, Die Ehe
des Herrn Mississippi, Ein Engel kommt nach Babylon, Hörspiel Die Panne,
Überlegungen Theaterprobleme)
- Günter Wallraff (Ganz unten, »Bild?-Anklagen Der Aufmacher, Zeugen
der Anklage)
Literarische Entwicklung in der DDR
(1949 - 1989)
Allgemeines - Erhebung des sozialistischen Realismus zum verbindlichen
Programm, dadurch mitunter erhebliche Einschränkung der künstlerischen
Freiheit
- teilweise häufige Zensur und sogar Festnahmen, daraus resultierende Emigrationen
(Kunert, Kunze, Loest, Bienek, Bloch u.a.)
- Vorbilder Goethe, Schiller, Lessing, Heine, Fontane
- Versuch der Integration der Arbeiterschaft ins Schriftstellertum durch den
»Bitterfelder Weg«, gescheitert und 1973 eingestellt
Historischer Hintergrund - Gründung der DDR aus der sowjetischen
Besatzungszone (1949)
- Johannes R. Becher erster Minister für Kultur (1954-58)
Literarische Formen - anfänglich häufig sozialistische
Lehrstücke im Sinne des Staates (Müller) oder Lobeshymnen, z.B. an
Stalin (Kurt Barthel, Stephan Hermlin)
Vertreter - Wolf Biermann (gesellschaftskritische Balladen,
Gedichte und Lieder in Die Drahtharfe, Sammlung Mit Marx- und Engelszungen,
Ausbürgerung als Staatsfeind)
- Heiner Müller (Der Lohndrücker über die Aufbauphase, Lehrstück
Die Korrektur)
- Peter Hacks (Stück über Solidarität Die Sorgen und die Macht,
abgesetztes Stück Moritz Tassow, häufige Kritik)
- Johannes Bobrowski (Gedichtsammlungen Sarmatische Zeit, Schattenland Ströme
und Wetterzeichen)
- Reiner Kunze (Kinderbücher, gesellschaftskritische Lyrik)
- Christa Wolf (Romane Der geteilte Himmel und Nachdenken über Christa
T., utopische Erzählung Selbstversuch, vom Geschlechterkonflikt handelndes
Kindheitsmuster)